Münzränder bergen manch ein Geheimnis

Das Geheimnis der dritten Seite

Wer Münzen näher betrachtet, schaut meist zuerst auf die Vorder- und Rückseite – das Porträt, das Motiv, die Jahreszahl. Doch die „dritte Seite“, nämlich der Münzrand, birgt oft nicht weniger spannende Details. Hier finden sich kryptisch anmutende Abkürzungen, Texte oder Zeichen, die auf den ersten Blick unscheinbar wirken. Ob verkürzte Mittelstriche im Buchstaben „E“, das Venussymbol oder berühmte Zitate: Der Münzrand verrät weit mehr, als man denkt.

Münzränder: Zierde und Sicherheitsmerkmale

Randschriften haben ihren Ursprung in der Zeit, als Münzen erstmals maschinell gefertigt wurden. Denn weil die Münzen aus Edelmetallen bestanden, versuchten Betrüger seinerzeit, kleine Mengen des wertvollen Materials abzufeilen. Die Lösung ist ebenso einfach wie nachhaltig: Gravuren oder Schriften auf dem Rand machten jede Manipulation sofort sichtbar. Bis heute erfüllt der Münzrand daher auch eine Sicherheitsfunktion – doch das ist längst nicht alles.

Geriffelte oder gestaltete Ränder helfen auch dabei, Münzen zu ertasten, was besonders für Menschen mit Sehbehinderung von großem Wert ist.
Vertiefte Randpartien auf der 20-Cent-Münze Vertiefte Randpartien auf der 20-Cent-Münze
So hat etwa die 20-Cent-Münze mit ihren vertieften Randpartien – der sogenannten „Spanischen Blume“ – ein unverwechselbares Profil.

Außerdem gehören feine Randschriften und Ornamente zum Gesamtbild einer Münze: Sie ergänzen das Motiv und verleihen ihr einen zusätzlichen informativen und ästhetischen Charakter. Und nicht zuletzt spielt der Münzrand auch im Alltag eine Rolle – etwa bei Automaten, die Münzen anhand ihrer standardisierten Ränder erkennen.

Vom glatten bis zum gestalteten Rand

Münzrand ist nicht gleich Münzrand. Grundsätzlich unterscheidet man drei Hauptformen.

  • Glatt ist er bei kleinen Nominalen wie den 1- oder 5-Cent-Münzen sowie bei einigen Sammlerausgaben wie den 25-Euro-Silbermünzen der Serie „Weihnachten“.
  • Geriffelte Ränder findet man bei vielen Umlaufmünzen und den offiziellen deutschen Goldmünzen.
  • Besonders spannend sind jedoch die gestalteten Münzränder, wie sie bei 2-Euro-Umlaufmünzen und bei zahlreichen Sammler- und Gedenkmünzen verwendet werden – bis hin zu außergewöhnlichen Nominalen wie der 11-Euro-Münze zur Fußball-Europameisterschaft 2024.
Innschrift "Einigkeit und Recht und Freiheit" bei der 2-Euro-Münze Innschrift "Einigkeit und Recht und Freiheit" bei der 2-Euro-Münze
Auch innerhalb der Eurozone zeigen sich interessante nationale Unterschiede. So trägt die deutsche 2-Euro-Münze die Randschrift EINIGKEIT UND RECHT UND FREIHEIT, während Frankreich Sterne und die Zahl 2 bevorzugt. Portugal nutzt Symbole seines Staatswappens, und in Slowenien liest man schlicht SLOVENIJA – begleitet von einem Punkt. Der Münzrand kann also auch zum Spiegel nationaler Identität werden.

Kleine Zeichen, große Wirkung

Unter Sammlerinnen und Sammlern besonders beliebt sind Münzen mit individuellen Randschriften – mal kurz und prägnant, mal verspielt oder geheimnisvoll. Ein witziges Beispiel ist die 20-Euro-Silbermünze „100. Geburtstag von Vicco von Bülow (Loriot)“. Ihr Rand trägt nur zwei Worte, nämlich das wohl berühmteste Zitat seiner Figuren:

 „ACH WAS.“

Weil die Inschrift so kurz ist, steht sie auf jeder Münze an einer anderen Stelle – jede ist somit fast schon ein kleines Unikat.
Loriots berühmtes Zitat "Ach was". Loriots berühmtes Zitat "Ach was".
Das Gegenstück dazu bildet die 20-Euro-Münze zur Fußball-Europameisterschaft 2020 mit der längsten deutschen Randschrift überhaupt: EIN TURNIER FUER EUROPA • EIN TURNIER FUER FANS •. Andere Münzen spielen wiederum mit Formen und Symbolen – etwa die Bauhaus-Münze mit Kreis, Quadrat und Dreieck oder die Ausgabe „50 Jahre Internationales Jahr der Frau“, die mit dem Venussymbol ♀ eine starke Botschaft sendet.
Randschrift mit Symbolen Randschrift mit Symbolen
Eine besonders raffinierte Idee steckt in der 10-Euro-Münze „FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006“: Ausnahmsweise trägt die Bildseite hier kein Prägezeichen, stattdessen verrät der Münzrand die Prägestätte. In der Inschrift DIE WELT ZU GAST BEI FREUNDEN ist das jeweilige „E“ entscheidend – je nachdem, bei welchem Buchstaben der Mittelstrich verkürzt ist, erkennt man, ob die Münze aus Berlin, München, Stuttgart, Karlsruhe oder Hamburg stammt. Selbst sprachlich wird experimentiert: Die 20-Euro-Münze „Chemnitz – Kulturhauptstadt Europas 2025“ trägt die englische Randschrift C THE UNSEEN •, einmal regulär und einmal gespiegelt – eine stille Einladung zum Perspektivwechsel.
10-Euro-Münze zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 10-Euro-Münze zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006

Mehr als nur ein Randthema

Ob Sicherheitsmerkmal, künstlerisches Detail oder geheime Botschaft – der Münzrand ist also weit mehr als nur ein technisches Element. Für Sammlerinnen und Sammler eröffnet er eine dritte Dimension des Münzerlebnisses. Wer genau hinschaut – oder auch hinfühlt – entdeckt am Rand oft das, was den wahren Reiz einer Münze ausmacht: Individualität, Kreativität und die Freude an den kleinen Geheimnissen aus Metall.

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