Das Münzmotiv, gestaltet vom Künstler Bodo Broschat aus Berlin, zeigt in einem reich und fein ausgefüllten Münzrund eine dreigeteilte Szenerie. Im Zentrum steht die Gerichtsverhandlung mit den wesentlichen Figuren des Dramas, während auf den Seitenflügeln Auslöser und Ausgang der Handlung abgebildet werden: links der Krug, der auf der Flucht umgestoßen wird und zerbricht, rechts die glückliche Vereinigung von Eve und Ruprecht. Das Triptychon verdichtet ausdrucksstark Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Geschehens, die Komposition ist in den Worten des Preisgerichts „überaus detailfreudig, sehr gekonnt modelliert und zugleich konzentriert ausgearbeitet.“ Die Ausarbeitung der Wertseite korrespondiert eindrucksvoll mit der Bildseite.
Dem Werk, das in Deutschland zum literarischen Kanon zählt, widmet sich – nach dem Auftakt mit „Faust (Goethe)“ – die zweite Münze der 100-Euro-Goldmünzenserie „Meisterwerke der deutschen Literatur“.
Eine Gerichtsverhandlung im fiktiven niederländischen Dorf Huisum gegen Ende des 17. Jahrhunderts: Ausgelöst durch die Klage der Frau Marthe Rull und misstrauisch beäugt vom Gerichtsschreiber Licht muss der Dorfrichter Adam gleichsam einen Prozess gegen sich selbst führen. Nicht Ruprecht, der beschuldigte Verlobte von Marthes Tochter Eve, hat den titelgebenden Krug zerbrochen, sondern es war der Richter selbst auf seiner Flucht, nachdem er am Abend zuvor Eve nachgestellt hat.
Kleist begann die Arbeit am Drama wahrscheinlich 1802 in der Schweiz und schrieb es 1806 in Königberg nieder. Die Uraufführung durch Goethe 1808 in Weimar galt aufgrund der Länge und der vermeintlichen Handlungsarmut als Misserfolg. Kleist kürzte daraufhin den letzten Auftritt, fügte das ursprüngliche Ende aber als „Variant“ an. 1811 erschien das Stück in Buchform. Bereits am Titel – und in einer posthum erschienenen Vorrede Kleists – ist erkennbar, dass sich das Lustspiel mit dem zentralen Motiv des zerbrochenen Kruges auf die bildende Kunst bezieht. Es zitiert ein Werk aus der französischen Rokokomalerei, das durch zahlreiche Reproduktionen bekannt war und sich großer Beliebtheit erfreute. Das Gemälde „La cruche cassée“ von Jean-Baptiste Greuze aus den Jahren 1772/73 zeigt eine junge Frau, die in den Händen einen zerbrochenen Krug hält, Symbol ihrer verlorenen Unschuld. Dieses Motiv sah Kleist als Nachstich einer freien Bearbeitung des Gemäldes in der Wohnung eines Berliner Freundes, Auslöser eines poetischen Wettstreites zwischen Kleist, Ludwig Wieland und Heinrich Zschokke, den ersterer gewinnen sollte: Kleist musste über die figurenreiche Genreszene, auf der unter anderem ein Richter, ein misstrauischer Geschichtsschreiber, ein verlegenes Mädchen, ein beschuldigter Bauernbursche und eine anklagende Mutter mit einem zerbrochenen Krug zu sehen sind, ein Lustspiel schreiben. Darin verknüpft er das Krugmotiv sowie die (vermeintlich) verlorene Unschuld einer jungen Frau (Eve) mit dem Charakter des schuldigen Dorfrichters (Adam), für den das antike Drama König Ödipus von Sophokles den dramatischen Archetyp bildet. Wenn auch die Uraufführung das Publikum seinerzeit nicht so recht überzeugt haben mag, so gilt Kleists Lustspiel inzwischen als sein bekanntestes und meistgespieltes Drama, das sich auf verschiedenen Ebenen interpretieren lässt, etwa in Bezug auf einen „zweiten Sündenfall“, die Überwindung patriarchalischer Regeln und Normen oder einer reformerischen Rechtsordnung als Ausdruck eines modernen Staates.
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